An die Wirkung glauben genügt nicht!

Elisabeth Bauer, 04.09.20.
Kennen Sie eine soziale Organisation oder eine Kirche, die nicht möglichst grosse Wirkungen bei ihren Zielgruppen erzielen will? Ich kenne keine. Heute hat sich in Fachkreisen auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass es nicht genügt, einfach an die eigene Wirkung zu glauben. Um die Leistungen an die Zielgruppen kontinuierlich verbessern zu können, braucht eine Organisation Wirkungsorientierung und die periodische Überprüfung der erzielten Wirkungen. Trotzdem: Ein Wirkungsmessungssystem, welches alle Leistungen erfasst, hat in der Schweiz noch kaum ein Sozialwerk oder eine Kirche eingeführt und umgesetzt!
Woher rührt die grosse Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis? Die Wirkung von Leistungen der Sozialen Arbeit oder der Diakonie systematisch zu erfassen, sei sehr schwierig und aufwändig, kann man in Fachkreisen oft hören. Andere Herausforderungen scheinen dringender zu sein, sodass es die Wirkungsmessung nicht zuoberst auf die Agenda der Geschäftsleitungen schafft. Ausserdem verlangen die wenigsten Finanzierer von sozialen Organisationen, ein Wirkungsmessungssystem einzuführen und umzusetzen. Nur im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hat es die DEZA (Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe) geschafft, dass die Wirkungsmessung heute zum Standard gehört.
Es tut sich also wenig in der Wirkungsmessung von sozialen Organisationen. Die Heilsarmee aber macht ernst und begnügt sich nicht mehr damit, an ihre Wirkung zu glauben. Sie ist die einzige grosse Organisation, die ich kenne, welche sich auf den Weg gemacht hat, ein Wirkungsmessungssystem für all ihre Bereiche – Sozialwerk und Kirche – zu entwickeln und umzusetzen. Im Projektteam haben wir seit Frühling 2019 gemeinsam wichtige Schritte unternommen; weitere wichtige Schritte sind geplant. Die Heilsarmee kann damit nicht nur ihre Leistungen an die Zielgruppen kontinuierlich verbessern. Sie wirkt auch als Pionierin, von der die anderen sozialen Organisationen und Kirchen lernen können.
Kommentare
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Unsere Wirkung ist vielfältig. Bei vielen Menschen ist es eine vorübergehende, befristete Hilfe in einem Bereich. Bei anderen ist es eine längerfristige Entlastung und hat zur Folge dass eine gewisse Lebensqualität beibehaltet werden kann. In einigen Fällen hat eine längerfristige Begleitung eine Verbesserung der Gesamtsituation zur Folge. Wir helfen damit Menschen wieder selber besser ihre Situation meistern können mit mehr Selbstvertrauen.
Wahrscheinlich ist es etwas gewöhnungsbedürftig mit der Wirkungsmessung. Aber ich denke, wir können selber davon nur profitieren. Ich merke ja auch, dass ich als innerhalb der Organisation Grossgewordener gewisse Dinge lange genug getan habe, ohne sie zu hinterfragen. Heute habe ich wesentlich weniger Mühe damit, einst Bewährtes nicht mehr zu tun, weil ich mich eben auch an der Wirkung orientieren will. Und da musste ich mir doch ein paar Mal sagen, was wir da tun bringt weder fürs Publikum noch für uns wirklich etwas. Bei neuen Projekten ist es eine Herausforderung, bereits im Vorfeld darüber nachzudenken: wie wird das aufgenommen, wie wirkt das auf unser Zielpublikum (haben wir das?) – und sich dann darauf zu fokussieren. Ich erhoffe mir also schon auch gute Inputs auf diesem Weg. Damit wir effektiver im Einsatz der Ressourcen und im Erreichen von Leuten werden. Danke für Eure Arbeit.
Es ist sehr wichtig, dass wenn wir nicht Selbstzweck bleiben wollen uns kritisch hinterfragen, wie sich Wirkung definiert. Eine zu starke Orientierung gegen Innen reduziert die Wirkung zum Selbstzweck. Auch wenn es gut gemeint ist, erzielt diese dann keine Relevanz auf die globale Gemeinschaft der Menschen. Auch wenn uns der Nächste am nächsten ist, sollten wir unsere Bemühungen nicht alleine auf das Heil des Menschen beschränken. Die Veränderung beginnt im Hier und Jetzt. Seife, Suppe, Seelenheil. Wir haben sowohl einen Auftrag an den Menschen aber einen genau so grossen an unsrer Um- und Mitwelt.