(Christliche) Spiritualität ist eine wichtige Ressource

Denkanstösse, Deutsch, Entdeckungen und Beispiele
Michel Sterckx, 13.02.21
Das Projektteam hat in den letzten Monaten die Outcomes der Heilsarmee definiert; Veränderungen bei den Besucher/innen unserer Angebote. Unter den vier Grundfähigkeiten, die unsere Angebote bei den Teilnehmenden fördern soll, steht die (christliche) Spiritualität. Das Thema gab Anlass zu Diskussionen. Und diese wollte das Projektteam unbedingt mit den betroffenen Mitarbeitenden und mit der Leitung der Heilsarmee führen.
Im Zentrum des Austauschs standen zwei Themen:
- Das Spannungsfeld in der sozialen Arbeit zwischen dem strategischen Ziel der Heilsarmee «Jesus im Zentrum», dem Auftrag des Leistungspartners (Kanton, Bund), sowie den Erwartungen der Klientin/des Klienten.
- Das Wissen, dass jede gesund gelebte Spiritualität (Christentum, Islam, Esoterik etc.) eine Ressource zur Entwicklung eines gesunden Lebensmodells ist.
Am 27. Januar 2021 trafen sich Vertreter/innen der Abteilung Sozialwerk, des Projektteams und der Heilsarmeeleitung, um die verschiedenen Standpunkte und Perspektiven zu besprechen. Die Teilnehmenden formulierten folgende gemeinsame Stellungnahmen:
- Angebote der Heilsarmee in der Sozialarbeit sollen christliche Spiritualität fördern. Wichtige Faktoren sind die christliche Grundhaltung der Betreuungsperson und der stets freiwillige Zugang zu christlicher Spiritualität.
Zur christlichen Spiritualität gehören drei Outcomes:
Jesus wahrnehmen: Jesus wahrnehmen bedeutet auf ihn aufmerksam sein, ihn erkennen und (auf-)spüren; von der Frage nach der eigenen Zukunft bis hin zur Annahme als persönlichen Retter.
Christliche Spiritualität gesund leben: Christliche Spiritualität ist eine Ressource zur Entwicklung eines gesunden Lebensmodells.
Zugang zu einer christlichen Glaubensgemeinschaft: Die christliche Glaubensgemeinschaft aufsuchen, daran aktiv teilnehmen und teilhaben. Die Gemeinschaft als beständige Lebensressource nutzen. - Auch wenn in den Angeboten der Heilsarmee christliche Spiritualität gefördert wird, sollen auch Spiritualität anderer Prägungen ermöglicht werden, weil sie die Selbstwirksamkeit des Menschen fördert.
Allgemeine Definition der Spiritualität: Mit Spiritualität sind die bewusste Hinwendung zu und aktive Praktizierung von Glauben, Religion oder Weltanschauung gemeint (Christentum, Islam, Esoterik etc.). Christliche Spiritualität orientiert sich am christlichen Glauben.
Foto von Skylar Kang von Pexels
Nachtrag zu Blog, 05.05.21
Liebe Teilnehmende an diesem Blog. Herzlichen Dank für eure Reaktionen und Beiträge. Sie sind Teil einer offenen Debatte. Und wir nehmen sie gerne ernst.
Einige Reaktionen sind möglicherweise auf bestimmte ungenaue oder gar unglückliche Formulierungen zurückzuführen. Wir ergänzen den Blog aus diesem Grund mit diesen Zeilen und hoffen, dass sie etwas Klarheit in diese Sache bringen.
- Die Ausgangslage des Outcomes und der Inhalt dieses Blogs ist die Arbeit im Sozialwerk. Im Tätigkeitsbereich «Glauben leben» (Wirkung im Korps) sprechen wir nur von christlicher Spiritualität. Der Auftrag der Heilsarmee bleibt unangetastet. In der aktuellen Strategie steht und bleibt «Jesus Christus im Zentrum».
- Die Formulierung «andere Spiritualitäten ermöglichen» klingt in der Tat sehr aktiv. Wir verstehen das wie folgt: «Die Heilsarmee möchte in ihren Institutionen andere von ihren Bewohnern/Klienten gelebte Spiritualitäten nicht verhindern/verunmöglichen». Unter «ermöglichen» verstehen wir nicht «anbieten». Andere Spiritualitäten gehören nicht zu unseren Aufgaben. Wir haben nur nicht das Recht dazu, sie unseren Klienten zu verunmöglichen.
Stephan Knecht und Michel Sterckx, für das Projektteam
Kommentare
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Wie kommt bei uns in der Sozialberatung das Christliche zum Ausdruck? Wir reden mit den Klienten selten über Glaube und Gott. Je nachdem, wieviel Zeit wir für ein Gespräch haben, kann es schon zum Thema werden. Als niederschwellige Anlaufstelle versuchen wir einladend zu sein. Wir sind aber gleichzeitig auch streng mit denen, die offensichtlich nichts an sich zu ändern bereit sind. Sie geben zu viel Geld aus und kommen bei uns “betteln”. Wie damit umgehen?
Das Besondere am Christlichen Glauben ist, dass wir uns nicht selbst zur Vollendung hinaufarbeiten müssen. Spiritualität im christlichen Sinn soll nicht ein Verdienen, sondern ein Empfangen sein. Das hat mit Gnade zu tun. Es ist Gnade, dass wir freien Zugang zur Gegenwart Gottes haben. Und es ist Gnade, dass Gott durch Jesus alle Hindernisse auf diesem Weg weggeräumt hat (vergleiche Römerbrief, Kap. 3 Vers 24). In einer Welt, die Selbsterlösung propagiert ist es notwendig und wohltuend, den Christlichen Weg zum Seelenfrieden zu kennen und zu bekennen. Die Heilsarmee hat hier etwas Besonderes weiterzugeben und dieses soll sie auch deklarieren: Christliche Spiritualität.
Herzlichen Dank für den informativen Blog und dass man sich dazu äussern kann. Nun, da die Kommentare zensuriert werden, muss ich annehmen, dass sogar in der Heilsarmee die Meinungsäusserungsfreiheit nicht mehr gewährleistet ist. Ich hoffe trotzdem, dass mein Beitrag die Diskussion konstruktiv ergänzt, wer das immer entscheiden mag…
Gerne möchte ich darauf hinweisen, dass es im christlichen Glauben um mehr als nur Spiritualität und gesunden Lebenswandel geht, sondern um eine lebendige Beziehung mit unserem Schöpfer, um Vergebung unserer Sünden und darum um inneren Frieden und Frieden mit Gott; es geht um ein neues Leben unseres Geistes und um ewiges Leben.
In den Zeugnissen, die man von zu Jesus Christus bekehrten Muslimen, Buddhisten oder Esoterikern lesen kann merkt man, dass nichts von dem in diesen Religionen oder Weltanschauungen zu finden ist.
Jesus Christus sagt: “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn nur durch mich” (Johannesevangelium 14.6). Es ist heute nicht mehr “political correct” das zu erwähnen, aber wenn wir die Wahrheit und den Weg den Leuten verweigern, die ihnen den gesuchten Sinn im Leben geben können, dann handeln wir eben nicht als Christen.
Dieser Artikel wirft bei mir viele Fragen auf! Wer hat entschieden, dass andere “Spiritualität” in der Heilsarmee ermöglicht werden soll? Was hat zu dieser Entscheidung beigetragen? Was soll das jetzt konkret für unsere Angebote heissen? In welche Richtung bewegen wir uns da? Ich habe Mühe mit dieser Aussage!
Auch wenn meine gelebte Gottesbeziehung christliche Spiritualität ist, ist die andere Spiritualität eben nicht meine. Heisst eure Überlegung, dass die Heilsarmee diesen anderen “Spiritualitäten” bei sich Platz machen sollte? Das würde nach meinem Erachten gelinde gesagt am Grundauftrag der Heilsarmee vorbeizielen.
Ich lebe in einem Quartier, dass nur so strotzt von verschiedensten “Spiritualitäten” der Welt. Und da kommt es schon vor, dass ich Ramadan mit Muslimen feiere, sie als Freunde bezeichne oder meine Kinder mit der Schule in einem Hindutempel landen. Aus Respekt und Interesse am Anderen, ist das dem Zusammenleben dienlich. Aber wieso sollte dies jetzt die Aufgabe der Heilsarmee werden? Sollte unsere Aufgabe nicht vielmehr sein, unseren Gott zu ehren und zu lieben; und dies unseren Nächsten zu zeigen? Ihnen mit Liebe und ohne Vorurteile begegnen, sollte unser Ziel sein.
Sind die anderen “Spiritualitäten” wirklich unsere Aufgabe? Sollte dies nicht eher die Aufgabe der anderen sein!
Fragen über Fragen!!!
Was geht hier ab? Wir stellen den Islam, Buddhismus, usw. auf die gleiche Ebene wie Jesus. In meinen Augen eine Tragödie.
Was denken sie? Ich denke die Klammern gehören weg!
Sie setzten ein falsches Zeichen und ich schliesse mich von Herzen meinen Vorschreibern an; Christoph, Sylvaine, Elisabeth und Erhard; danke für eure Ausführungen dazu! Zu leben wie es Christoph und Elisabeth beschreiben, ist unser Auftrag. Verkündigen können wir, (will auch ich) nur Christus! Es gibt nur einen Gott; und IHM allein gehört die Ehre und Aufmerksamkeit!
Wollen wir wirklich das Zentrum unseres Glaubens, der Motivation unserer Arbeit ausklammern? Quo vadis, Heilsarmee? Ich kann mich nur all denen anschliessen, die bereits zu diesem Thema geschrieben haben und deren Kommentare das widerspiegeln, was ich auch denke und wie ich handle.
Das Wort vom Kreuz ist und bleibt ein Ärgernis, aber es ist alles, was schlussendlich zählt, auch heute im 21. Jahrhundert. Wenn wir Christus, bzw. christlich ausklammern, klammern wir auch das Kreuz aus, was dem geistlichen Bankrott unserer Organisation gleich kommt.
Wollen wir das, geht es einfach darum, Mainstream zu sein? Ich stelle mir so einige Fragen…..
Den Menschen in unserem Umfeld begegnen ist einer Herausforderung. Die grosse Frage ist: Was ist darin meine Motivation.
Meine persönlichen Erfahrungen darin sind, dass auch negative Antworten auf Begehren von Menschen, positive Wirkungen haben können. Solange wir die Menschen, denen wir begegnen wirklich lieben, werden sie das meistens akzeptieren. Ich ermutige Dich, in Deiner nicht einfachen Arbeit dazu!
Herzlichen Dank für die Möglichkeit sich zu dieser Frage zu äussern. Grundsätzlich verstehen wir die Schwierigkeit der Heilsarmee bei dieser Frage zur Spiritualität. Auf der individuellen Ebene zB. in einem Wohnheim, bei dem mehrere praktizierende Muslime leben, kann ein Leiter entscheiden, dass auch ein Iman diese Personen geistlich unterstützen kann. Aber das kann deswegen keine Heilsarmee-Strategie oder Heilsarmeeauftrag werden, das ist eine ganz andere Ebene.
Ähnlich wie andere Kommentarschreiber hat auch uns irritiert, dass die christliche Spiritualität in dieser Stellungnahme scheinbar gleichwertig neben die Spiritualität anderer Religionen und Ideologien gesetzt wird. Wenn unser Glaube und damit unsere Spiritualität einfach ein Model ist für einen gesunden und bereichernden Lebensstil, dann ist unsere christliche Spiritualität einfach ein schönes und bereicherndes humanistisches Konzept. Aber der Glaube an Christus ist mehr als nur Werte und schöne Erfahrungen. Der Glaube an Jesus Christus ist der einzig rettende und mit Gott versöhnende Glaube. Er ist die einzige Grundlage, dass sich unser Leben nachhaltig verändert sowie Hoffnung und Ewigkeitswert bekommt.
In Korinth sah sich Paulus mit ähnlichen Fragen konfrontiert. Und dazu sagte er (leicht angepasst von uns): «Wenn Jesus nicht auferstanden ist und wenn Jesus nicht der wahre Weinstock ist, dann wäre unser Predigen wertlos, und dann ist unser Vertrauen auf Gott vergeblich, dann sind wir die elendesten Menschen auf der Welt.» (1. Kor. 15).
Dann müssen auch wir uns fragen, warum sind wir überhaupt Offiziere geworden, warum haben wir 7 Jahre von unserem Leben in Papua-Neuguinea eingesetzt und das Leben unserer Kinder riskiert (eine Tochter wurde schwer verletzt bei einem Überfall), usw…
Wenn diese Sozialwerks-orientierte Stellungnahme zur christlichen Spiritualität für die gesamte Organisation gilt, dann wird es für das kirchliche Werk schwierig. Von daher würden wir es begrüssen, wenn solche Diskussionen breiter geführt werden.
Markus & Iris
Danke für die Ergänzung durch das Projektteam. Das «Ermöglichen» anderer Spiritualitätsformen stellt wirklich eine grosse Herausforderung dar. Würde das zB. heissen, dass in Heilsarmee-Institutionen Yogakurse, esoterische Meditationen und islamische Gebetsgemeinschaften stattfinden können? Zum Teil findet das ja schon statt. Wollen wir als Heilsarmee das wirklich noch ausdrücklich «ins Leben rufen»? Bräuchte es hier nicht eine klarere Abgrenzung und wie würde so eine aussehen?
Markus & Iris